Mediennutzung und politisches Bewusstsein von Studierenden in Deutschland
Obwohl in Deutschland knapp drei Millionen Studierende an deutschen Hochschulen immatrikuliert sind, ist diese Gruppe der Bevölkerung im Hinblick auf ihre Mediennutzung und ihr politisches Bewusstsein nahezu unerforscht. Dies ist verwunderlich, vor allem wenn wir an Niklas Luhmanns These denken, dass unser Weltwissen vor allem durch Massenmedien vermittelt wird. Während Luhmann noch mit einem konventionellen Begriff von „Massenmedien“ hantieren konnte, hat sich heute gerade beim jüngeren Publikum die Mediennutzung verflüssigt. Neue Aggregatoren (Facebook, Twitter) und mobile Plattformen haben sich vor die „alten“ publizistischen Medien geschoben, ohne dass diese einflusslos geworden wären. Der alte Medienbegriff jedoch ist durch das Übermedium Internet selbst fragwürdig geworden.
Studierende stellen noch immer die künftigen Funktionseliten in nahezu allen Staaten dar, die Akademisierung des Politischen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten sogar ständig erhöht. Dennoch sind Studierende auch in Deutschland als soziale Gruppe aus dem Fokus der Sozialforschung geraten.
In der Publizistik werden sie gängigerweise als unpolitisch, pragmatisch, karriereorientiert und internetfixiert beschrieben. Mit unserer Studie, die auf qualitativen Interviews mit 60 Studierenden unterschiedlicher Studiengänge beruht, sehen wir präziser und näher hin. Dabei schließt die Studie, unter Berücksichtigung der neuen Kommunikationsverhältnisse, an klassische Befunde zur Rolle von Studierenden bei der politischen Generationsanalyse an.
Analytisch berührt das Thema drei Ebenen: erstens die politische Kommunikation (Veränderung von politischem Marketing, Social Media- Effekte wie Shitstorms, Hatespeech etc.), zweitens die neue ökonomische Konkurrenz in den Medien (bspw. die Frage, wie die Studierende ihre Medienprodukte wählen) und drittens, die Veränderungen in der Lebenswelt künftiger Eliten (bspw. Mediendurchdringung, Blogs, Nutzung von Social Media). Theoretisch erscheint es uns dringend notwendig, nicht nur rein sachliche Veränderungen politischer Kommunikation oder einzelne Nutzungspraktiken von Zielgruppen, sondern die globalen Verschränkungen zwischen Techniken, Politik und Lebenswelt in den Fokus der Analyse zu rücken (Mainzer 2014, Bostrom 2014, Helbing 2015, Carr 2014, Blackmore 2001).
Die Studie wird gefördert durch die Bonner Akademie für Forschung und Lehre Praktischer Politik, die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Bundeszentrale für politische Bildung.