“Wie weiter nach Sachsen-Anhalt?” Über diese Frage diskutierten NDR-Intendant Joachim Knuth und Carsten Brosda, Senator der Behörde für Kultur und Medien, Freie und Hansestadt Hamburg, im Rahmen eines medienpolitischen Colloquiums des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik (IfM) am Montagvormittag. Im Mittelpunkt standen die praktischen und strategischen Implikationen der Blockade der Beitragserhöhung im sachsen-anhaltinischen Landtag, aber auch Auftrag und Reform der Öffentlich-Rechtlichen in einer sich wandelnden Umgebung insgesamt. In der von der Journalistin Brigitte Baetz moderierten Veranstaltung erklärte Joachim Knuth, er bleibe bei seiner Einschätzung, dass es sich beim Veto gegen die Erhöhung des Rundfunkbeitrags im Landtag von Sachsen-Anhalt um einen „kalkulierten Verstoß gegen die Rundfunkfreiheit“ handle.
Erforderlich sei aber eine stärkere Fokussierung des eigenen Angebots, wobei „Priorisieren“ auch bedeute, „dass man Dinge bleiben lässt“. „Wir stärken Dinge, wir lassen Dinge bleiben – wir bekommen dafür auch Kritik, das muss man aushalten und das finde ich in einem Rundfunk, der allen gehört und der allen etwas bieten muss, ein vollkommen normales Verfahren“. Für den NDR gelte es, den „unabhängigen und umfassenden Journalismus“ als zentrales „Unterscheidungsmerkmal“ auszubauen und in Zukunft „eine noch verlässlichere Antwort” darauf geben, “worin sich unsere Unterhaltungsangebote von anderen Anbietern unterscheiden“. Dabei verstehe er die traditionelle Fernsehquote als lediglich ein Kriterium unter mehreren. Zentral – gerade im Sinne der Integrationsfunktion – sei die „Reichweite“ des öffentlich-rechtlichen Angebots insgesamt, egal ob dieses linear oder nonlinear verbreitet werde. Er wünsche sich, dass gerade jüngere Menschen in Zukunft nicht nur sagten, “ich mache mir einen guten Fernsehabend mit Netflix”, sondern “ich mache mir einen guten Abend mit der ARD- Mediathek“.
Carsten Brosda forderte eine Reform der bestehenden staatsvertraglichen Beauftragung: Weg von der Beauftragung konkreter Angebote (“Bestellliste”) durch die Länder, hin zur Beauftragung von Programmbudgets für die Produktion von Inhalten öffentlich-rechtlicher Qualität. “Steuerungs- und Verantwortungsdimension” stimmten aktuell nicht mehr überein, es gelte den für das Programm verantwortlichen mehr Freiheiten und Verantwortung zu geben. Ein solches Modell sei auch anschlussfähig in Richtung einer Indexierung des Rundfunkbeitrages.
Gegenüber „Super-Mediatheken“ auf nationaler wie europäischer Ebene zeigte sich Brosda skeptisch. Er halte es für schwierig, entsprechende Marken neu zu etablieren. Auch sei es nicht realistisch, unterschiedliche Zielgruppen mit einem einheitlichen Angebot zu erreichen. Sinnvoller sei es, „Formatkompatibilität“ zwischen verschiedenen, unterschiedliche Zielgruppen adressierenden Angeboten herzustellen und den Austausch von Inhalten unter ihnen zu fördern.
Das IfM hat in den letzten Jahren immer wieder auf die Notwendigkeit einer Reform des Rundfunkbeitrags in Richtung einer neu gefassten Medien- und Kulturabgabe zur gezielten Unterstützung gesellschaftlich relevanter kreativer Leistungen in einem veränderten technologischen Umfeld hingewiesen.
Strategien für eine „gemeinwohlorientierte Medienordnung“ stehen auch im Mittelpunkt von futur eins, einer neuen, in Berlin verorteten Initiative am IfM, auf die IfM-Direktor Leonard Novy hinwies.
Die gesamte Diskussion im Video: