Jahrbuch Fernsehen 2013
„Man ist immer in Lebensgefahr“ (Georg Stefan Troller)
Das JAHRBUCH FERNSEHEN 2013 mit Essays von Silke Burmester, Sabine Sasse, Tim Renner, Jochen Kröhne und René Martens sowie einem Interview mit Georg Stefan Troller.
Thomas Gottschalks Abschied von „Wetten, dass..?“, mit dem anschließenden Misserfolg von „Gottschalk Live“, markiert nicht nur das Ende einer großen Karriere, „es ist auch das Ende der großen Abendunterhaltung in diesem Land. Thomas Gottschalk wird der Letzte in der Riege der großen TV-Unterhalter gewesen sein“, so prognostiziert die Medienkritikerin Silke Burmester im neuen „Jahrbuch Fernsehen“ (2013). „Die Zeit des Fernsehens als magischer Kasten ist vorbei. Durch das Internet kann jeder sein eigener Hexenmeister sein“. Mit Gottschalk selbst geht Burmester dabei deutlich ins Gericht: „Thomas Gottschalks Niedergang ist das Ergebnis einer Selbstdemontage, der zuzusehen schmerzlich war.“ Neben dem „Fiasko“ seiner ARD-Vorabendsendung hätten auch die Vorwürfe bezüglich Schleichwerbung bei „Wetten, dass..?“ das Bild des netten „Thommy“ beschädigt: „Die Gier aufs Geld war größer als der Anstand, und Thomas Gottschalk hat sich zum Laufburschen seines Bruders gemacht und dafür die verraten, die ihn groß gemacht haben: die Zuschauer und das ZDF.“
In den weiteren Essays des JAHRBUCH FERNSEHENS kritisiert Sabine Sasse die drastischen Wirkungen des „Mediatradings“ auf den werbebasierten Medienmarkt. Sie legt dar, wie eine Übermacht weniger großer Media-Agenturen und ein System erzwungener Rabatte zu einer ernsten Bedrohung für die unabhängige Publizistik werden. René Martens weist auf die zunehmend schwierige Lage von Dokumentarfilm-Produzenten hin. Die Umsetzung vielversprechender Projekte werde durch sinkende Budgets und eine geringere Risikobereitschaft der Sender zunehmend verhindert. Tim Renner fordert von den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, das Hauptprogramm wieder vielfältiger zu machen, anstatt innovative Formate fast ausschließlich in Spartenkanäle auszulagern. In Jochen Kröhnes Keynote des Deutschen Produzententages 2013 wird das Modell einer geplanten deutschen Video-on-Demand-Pattform („Germany’s Gold“) vorgestellt. Georg Stefan Troller, mittlerweile 93-jährig, blickt im Gespräch mit Lutz Hachmeister zurück auf seine Flucht vor den Nationalsozialisten, seine journalistische Laufbahn beim westdeutschen Fernsehen („Pariser Journal“, „Personenbeschreibung“) – und reflektiert die heutigen Bedingungen für Dokumentarfilmer und Fernsehreporter. Troller: „Man ist immer in Lebensgefahr.“
Das JAHRBUCH FERNSEHEN „bündelt die treffendsten Analysen mit den kreativsten Kritiken und zahllosen Hintergrundinformationen zum Genre“ (Spiegel Online) und ist mit seinem aufwändigen und aktuellen Service- und Adressenteil für die Medienbranche „unverzichtbarer Wegbegleiter durchs Jahr“ (NZZ). Es erscheint seit 1991.
Die Herausgeber – das Grimme-Institut, die Deutsche Kinemathek, die „Funkkorrespondenz“, das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik und das Institut für Medien- und Kommunikationspolitik – stehen für die journalistische Qualität und medienpolitische Unabhängigkeit der Publikation.
Dieter Anschlag/Claudia Cippitelli/Lutz Hachmeister/Uwe Kammann/Peter Paul Kubitz/Petra Müller/Leonard Novy (Hrsg.): Jahrbuch Fernsehen 2013. Berlin 2013, 464 Seiten, Broschur, 34,90 Euro, ISBN: 978-3-9813465-3-4; ISSN 0949-9997