Drei-Stufen-Test
Online-Dossier: Public-Value-Test/ Drei-Stufen-Test
Das Institut für Medien- und Kommunikationspolitik gGmbH (IfM) beobachtet das Bewertungsverfahren für die Internetangebote der öffentlich-rechtlichen Programmanbieter in Deutschland. In einem Online-Dossier stellt das IfM wesentliche aktuelle Beiträge zum Thema zusammen. Das Dossier enthält zudem Grundlagentexte und zeichnet die Medien- und Fachdebatte der letzten Monate zur Einführung der spezifisch deutschen Variante eines Public Value Tests, des „Drei-Stufen-Tests“, nach. Unter den Dokumenten befinden sich auch Beiträge, die für eine IfM-Konferenz zum Drei-Stufen-Test verfasst wurden. Diese fand Ende Mai in Berlin statt, kurz vor Inkrafttreten des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags.
Spätestens seit die Europäische Kommission den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland verpflichtet hatte, bis 2009 einen dreistufigen Public-Value-Test, bzw. „Amsterdam-Test“, zur Prüfung neuer digitaler Angebote einzuführen, ist intensiv darüber diskutiert worden, wie ein solcher Test unter besonderer Berücksichtigung der spezifischen deutschen Rundfunkorganisation konzipiert sein könnte. Nach Vorgabe der EU-Kommission sind folgende publizistische Bereiche zu „testen“:
- die Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender,
- die Ausweitung ihres digitalen TV-Angebots,
- ggf. Programmfarben und Einzelsendungen sowie
- ggf. das kommerzielle Engagement in verwandten Märkten.
Der Begriff „Public Value“ stammt ursprünglich aus der Ökonomie und wurde von dem Harvard-Professor Mark Moore entwickelt, um die Effizienz öffentlicher Einrichtungen genauer zu bestimmen. Im Zuge der Kampagne für die britische Royal Charta hat der BBC Trust hierzu einen Public-Value-Test entworfen, um das BBC-Programm auf seinen Nutzen für die Allgemeinheit hin zu evaluieren (‚public value assessment’) und gleichzeitig die Auswirkungen auf den privaten Wirtschaftssektor abschätzen zu können (‚market impact assessment’).
Der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der am 1. Juni 2009 in Kraft getreten ist, regelt die Online-Angebote („Telemedien“) von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Laut Staatsvertrag müssen Online-Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender sendungsbezogen und werbefrei sein. Weiterhin schreibt er vor, dass die Gremien der Rundfunkanstalten neue oder veränderte Online-Angebote in einem Testverfahren genehmigen müssen. Die Zuständigen Gremien sind die Rundfunkräte bei den Landesrundfunkanstalten, der Fernsehrat des ZDF und der Hörfunkrat des Deutschlandradios. Die Rundfunkanstalten sind verpflichtet, ihnen gegenüber in so genannten „Telemedienkonzepten“ darzulegen, warum ein neues oder verändertes Online-Angebot durch den öffentlich-rechtlichen Auftrag gedeckt ist. Es müssen dabei Aussagen darüber getroffen werden,
- inwieweit das Angebot den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht
- in welchem Umfang durch das Angebot in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beigetragen wird und
- welcher finanzielle Aufwand für das Angebot erforderlich ist.
Außerdem muss auf eventuelle Auswirkungen für ökonomische Wettbewerber und die meinungsbildende Funktion des Online-Agebots eingegangen werden.
Den Rundfunkräten wird vorgeschrieben, für ihre Entscheidung über eine Genehmigung oder Ablehnung der Telemedienkonzepte Stellungnahmen Dritter zu ermöglichen. Außerdem muss zur Bewertung der „marktlichen Auswirkungen“ ein externes Gutachten eingeholt werden. Auch zu den anderen Punkten des Prüfverfahrens können Gutachten in Auftrag gegeben werden. Die Kosten der Gutachten tragen die Rundfunkanstalten. Für eine Genehmigung des Online-Angebots ist schließlich eine Entscheidung mit Zweidrittelmehrheit durch die Gremien erforderlich.
Grundlagentexte, Fachbeiträge und Pressestimmen zum Public-Value-Test:
Steffen Grimberg: Kikaninchen gegen Togolino (taz vom 22.09.09)
Stefan Winterbauer: MDR bringt Kika Plus und Kikaninchen (Meedia.de vom 22.09.09)
Robin Meyer-Lucht: Drei-Stufen-Test: NDR Rundfunkrat in Aufsichtsabseits (Carta.info vom 06.04.2009)
3-Stufen-Test: Der aktuelle Stand (Telemedicus, 03.04.2009)
Drei-Stufen-Test kostet ARD und ZDF an die zehn Millionen Euro
(DIGITAL FERNSEHEN, 01.04.09)
ARD einigt sich auf Verfahren für Drei-Stufen-Test (Horizont.net, 01.04.09)
ARD bereitet Telemedienkonzepte für Drei-Stufen-Test-Verfahren vor
(na.presseportal, 01.04.09)
ARD bereitet Telemedienkonzepte für Drei-Stufen-Test-Verfahren vor
(Infosat online, 01.04.09)
NDR: Erster Drei-Stufen-Test abgeschlossen (DWDL.de, 27.03.09)
SWR: Rundfunkrat beruft Ausschuss für Drei-Stufen-Test (DWDL.de, 27.03.09)
Kölner Stadt-Anzeiger, 18. März 2009: „Rundfunkräte im Dreistufentest“
FAZ, 13. März 2009: ARD und ZDF: „Drei-Stufen-Test“ – Es ist abzusehen, dass das schiefläuft
APuZ: Die BBC, das Internet und „Public Value“ (9-10/2009)
Funkkorrespondenz 11-12/08: Gutachten: ARD/ZDF dürfen keine digitale Zeitung anbieten
Funkkorrespondenz 11-12/08: ZDF forciert HDTV und digitale Innovationen
Zur Qualitätsdiskussion öffentlich-rechtlicher Fernsehprogramme (FES 2007)
Funkkorrespondenz 50/07: ZDF-Fernsehrat beschließt Verfahren für Drei-Stufen-Test
ZDF: Zum Vorschlag des VPRT für ein Public Value Verfahren
epd medien 92/07: Wie testet man Public Value? Ein vergleichender Blick auf das britische Verfahren.
epd medien 09/08: Freiraum gestalten. Vorschläge zur Organisation des „Drei-Stufen-Tests“
epd medien 29/08: Falschmünzerei. Drei-Stufen-Test oder „public value“ – was passt?
Media Perspektiven 04/08: Der Programmauftrag als Prozess seiner Begründung.