Der Public Value Test Ein Vergleich zwischen dem BBC-Modell und dem geplanten Verfahren beim ZDF
Seit Monaten kritisieren der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) sowie die Verleger die Pläne von ARD und ZDF, ihre Angebote in den Bereichen Digitalfernsehen und Internet auszubauen, als unzulässige Expansion. Die öffentlich-rechtlichen Sender weisen die Vorwürfe zurück. Doch nicht zuletzt angesichts der Kritik und auch eines gewissen Drucks der Bundesländer haben sich ARD und ZDF zuletzt bereit erklärt, schon heute einen Drei-Stufen-Test (Public Value Test) für neue oder wesentlich veränderte Angebote in den genannten Bereichen durchzuführen. Die Anwendung eines solchen Tests wird spätestens im April 2009 Pflicht. Auf die Einführung des dreistufigen Prüfverfahrens, das auf ein entsprechendes Modell bei der BBC zurückgeht, hatten sich die Bundesländer mit der EU-Kommission im Zuge der Einigung im Beihilfeverfahren verständigt. Im folgenden FK-Beitrag beschreiben Helmut G. Bauer und Anna Bienefeld zunächst den Verfahrensablauf des Public Value Tests bei der BBC und ziehen dann einen ersten Vergleich mit dem ZDF-Ansatz für den Drei-Stufen-Test. Helmut G. Bauer, Jg. 1953, arbeitet als Rechtsanwalt und Unternehmensberater im Medienbereich. Von August 2001 bis September 2003 war er Geschäftsführer der NRW Medien GmbH (Düsseldorf), die später aufgelöst wurde. Zuvor war Bauer u.a. Geschäftsführer beim Berliner Rundfunk 91,4 sowie der Radio NRW GmbH (Oberhausen), die für die NRW-Lokalradios das Mantelprogramm zuliefert. Anna Bienefeld, Jg. 1981, ist studierte Medienwissenschaftlerin und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Büro Bauer in Köln.
Der Public Value Test
Ein Vergleich zwischen dem BBC-Modell und dem geplanten Verfahren beim ZDF
Von Helmut G. Bauer und Anna Bienefeld
1. Einleitung
Jahrelang hat sich die Politik davor gedrückt, den Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu definieren. Mit den vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Begriffen „Grundversorgung“ und „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ konnte über parteipolitische Grenzen hinweg jede Veränderung beim gebührenfinanzierten Rundfunk gerechtfertigt oder kritisiert werden, ohne dass damit weitreichende Konsequenzen verbunden waren. Inzwischen gehört es zum guten politischen Ton, sich über die Grenzen des öffentlich-rechtlichen Auftrags zu äußern. Zuletzt hat es sich selbst die Bundeskanzlerin nicht nehmen lassen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob „Rouladenrezepte“ zum Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehören.
Auslöser für diese Diskussion sind das vom Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) initiierte Beschwerdeverfahren bei der EU-Kommission über die Vereinbarkeit der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland mit dem EU-Recht sowie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. September 2007 über das Verfahren zur Gebührenfestsetzung. Im April dieses Jahres hat die Europäische Kommission das Beihilfeverfahren unter Auflagen eingestellt (vgl. FK 17/07). Dabei hat sie deutlich gemacht, dass die derzeitige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit dem EU-Beihilfenrecht nicht vereinbar sei und deshalb innerhalb von zwei Jahren neu geregelt werden müsse. Für neue Angebote der Rundfunkanstalten fordert sie ein Testverfahren, für dessen Vorgaben der Anfang 2007 eingeführte dreistufige Public Value Test der BBC Pate gestanden hat. Zur Umsetzung der Vorgaben der EU und in Vorbereitung des 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrags, der 2009 in Kraft treten soll, sind die Bundesländer gezwungen, den Funktionsauftrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk konkreter zu definieren und die Regeln für das Testverfahren für neue Angebote aufzustellen.
Spätestens ab April 2009 haben die öffentlich-rechtlichen Sender das Drei-Stufen-Verfahren gemäß den von den Bundesländern verankerten Vorgaben durchzuführen. ARD und ZDF hatten zuletzt erklärt, bei bestimmten neuen Projekten auf freiwilliger Basis schon heute einen Public Value Test anzuwenden. Sie entwickeln dazu derzeit jeweils ein entsprechendes Procedere. Die Rundfunkanstalten haben naturgemäß ein großes Interesse, solche Testverfahren intern durchzuführen, um externe und vielleicht auch unsachgemäße Einflüsse zu verhindern. Anders sehen dies die privaten Veranstalter. Sie stehen grundsätzlich jeder neuen Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ablehnend gegenüber. Sie wollen unter allen Umständen an einem solchen Prüfverfahren beteiligt werden. Um den bevorstehenden Diskussionen Bodenhaftung zu geben und um an einer konkreten Umsetzung konstruktiv mitarbeiten zu können, ist es hilfreich, sich damit auseinanderzusetzen, wie der zu diesem Thema in Großbritannien entwickelte Public Value Test ausgestaltet ist und welche Vorgaben die EU-Kommission gemacht hat.
2. Das Beihilfeverfahren der EU-Kommission
Im Abschlussbericht der Europäischen Kommission zum „Verfahren um die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland als staatliche Beihilfe“ vom 24. April 2007 hat sie folgendes bestimmt: „Die öffentlichen Rundfunkanstalten werden dazu verpflichtet, für alle neuen und veränderten digitalen Angebote einen dreistufigen Test durchzuführen. Die drei Stufen werden gesetzlich festgelegt und erfordern eine Prüfung durch die Rundfunkanstalten für jedes Angebot, dass es (1) zum öffentlichen Auftrag gehört und damit die [sic] demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen einer Gesellschaft entspricht, dass es (2) in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beiträgt und dass (3) der Aufwand für die Erbringung des Angebotes vorgesehen ist.“1 Das Prüfverfahren soll von den öffentlichen Rundfunkanstalten durchgeführt werden; die endgültige und verbindliche Entscheidung darüber, ob Vorschläge für neue Medienangebote vom öffentlichen Auftrag erfasst sind und somit umgesetzt werden dürfen, soll bei den Ländern liegen (312, 327 und 370).
Innerhalb des Testverfahrens muss auch Dritten Gelegenheit gegeben werden, zu den erwarteten Auswirkungen der geplanten Angebote auf den Markt Stellung zu nehmen (370). Als Leitkriterien für die Entscheidung, wann das Prüfverfahren anzuwenden ist, gibt die Europäische Kommission vor: die Bedeutung des Vorhabens für den publizistischen Wettbewerb, seine finanzielle Relevanz, seine geplante Dauer und inwieweit bereits vergleichbare, frei zugängliche Angebote für den Nutzer verfügbar sind (329). Im Test sollen unter anderem folgende Punkte überprüft werden: Umfang und Qualität der vorhandenen, frei zugänglichen Angebote, marktrelevante Auswirkungen des geplanten Angebots und die meinungsbildende Funktion des vorgesehenen Angebots angesichts bereits vorhandener Mediendienste (328). Die EU-Kommission hat Deutschland aufgefordert, nach diesen Vorgaben und in Zusammenarbeit mit den öffentlichen Rundfunkanstalten ein dreistufiges Testverfahren zu entwickeln und bis 2009 gesetzlich festzuschreiben.
3. Der Public Value Test der BBC
Die BBC hat bereits im Januar 2007 ein Prüfverfahren eingeführt, um über die Einführung neuer oder veränderter medialer Angebote zu entscheiden. Mit dem Public Value Test werden Vorschläge zur Veränderung der Dienste geprüft, die unter den öffentlichen Auftrag der BBC fallen und innerhalb von Großbritannien angeboten werden. Dies gilt für alle bedeutenden Änderungen der Radio- und Fernsehprogramme sowie der Online-Angebote. Ziel der Prüfung ist es, die möglichen negativen Auswirkungen auf den Markt einerseits und den durch die Veränderung erwarteten public value und die angestrebte positive Marktentwicklung andererseits gegeneinander abzuwägen.
Der Public Value Test wird vom BBC Trust durchgeführt, dem vom Staat ernannten zwölfköpfigen Aufsichtsgremium der Rundfunkanstalt, und er dauert in der Regel sechs Monate. Will die BBC ihr mediales Angebot verändern, beantragt sie diese Änderung beim BBC Trust. Der Antrag muss eine Beschreibung der geplanten Änderung, alle relevanten Hintergrundinformationen einschließlich bereits abgeschlossener Erhebungen zu Auswirkungen und Akzeptanz des Vorschlags sowie einen Entwurf der noch durchzuführenden Untersuchungen umfassen. Auf dieser Grundlage prüft der BBC Trust, ob ein Public Value Test erforderlich ist. Entscheidet sich der BBC Trust für ein Testverfahren, veröffentlicht er eine entsprechende Ankündigung und möglichst alle dafür relevanten Informationen.
Der Test besteht aus drei Teilen: Der BBC Trust führt zunächst ein Public Value Assessment durch. Damit soll der Wert des Vorschlags für die Konsumenten und die Gesellschaft ermittelt werden. Im selben Zeitraum prüft zweitens das für die Zulassung und Aufsicht der privaten Veranstalter zuständige Office of Communications (Ofcom) durch ein Market Impact Assessment die kurz- und langfristigen Auswirkungen des Vorschlags auf die betroffenen Märkte. Die Ergebnisse dieser beiden Tests müssen in der Regel nach drei Monaten vorliegen und bilden die Grundlage der vorläufigen Entscheidung des BBC Trust. In einem dritten Schritt stellt der BBC Trust sein vorläufiges Testergebnis öffentlich zur Diskussion. Die Stellungnahmen, die er in dieser öffentlichen Debatte erhält, bezieht er in seine endgültige Entscheidung ein. Das Public-Value-Test-Verfahren schließt mit der Veröffentlichung der verbindlichen Entscheidung durch den BBC Trust.
3.1. Das Public Value Assessment
Im Rahmen des Public Value Assessment wird geprüft, inwiefern die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Umsetzung des öffentlichen Auftrags der BBC beitragen. Dabei sind auch die Erwartungen der Gebührenzahler und die (externe) Marktentwicklung zu beurteilen. Zu diesem Zweck überprüft der BBC Trust die von der Rundfunkanstalt bereitgestellten Informationen und fordert, wenn nötig, weitere Auskünfte von dem Sender ein oder gibt zusätzliche Untersuchungen in Auftrag.
Der BBC Trust stellt den Vorschlag der BBC öffentlich zur Debatte. Neben den dazu eingehenden Stellungnahmen kann er auch betroffene Organisationen und Unternehmen sowie Experten befragen. Der Trust hat außerdem die Möglichkeit, repräsentative Publikumsbefragungen oder Gruppendiskussionen in Auftrag zu geben. Er ist verpflichtet, sich während des Public-Value-Test-Verfahrens mit seinen regionalen Publikumsräten zu beraten.
In dem Mitte vorigen Monats abgeschlossenen Prüfverfahren zu dem geplanten neuen BBC-Fernsehkanal im HD-Standard (High Definition, hochauflösendes Fernsehen) beauftragte der BBC Trust das Technologie-Beratungsunternehmen Sagentia, einen Bericht über die Übertragungskapazitäten und Empfangsbedingungen von HDTV auf den verschiedenen Plattformen zu verfassen. Außerdem gab er eine qualitative Untersuchung beim British Market Research Bureau (BMRB) in Auftrag. Dabei wurden knapp 200 Probanden in computergestützten Interviews befragt, nachdem ihnen High Definition TV und Standard Definition TV im Vergleich vorgeführt worden waren. Getestet wurden unter anderem die Bekanntheit von HDTV, das Interesse am geplanten BBC-Programm in HD-Qualität und die Bereitschaft, sich dafür ein neues Empfangsgerät zu kaufen. Die Probanden wurden auch gefragt, ob sie die Investitionen der BBC in HDTV für sinnvoll halten oder eine anderweitige Verwendung der Rundfunkgebühren vorziehen würden.
Den Untersuchungsgegenstand legt der BBC Trust für jedes Public Value Assessment gesondert fest. In der Regel prüft er den Vorschlag der BBC in Bezug auf den public value anhand von vier Schlüsselfaktoren:
• Reichweite (inwieweit würde der Vorschlag die Reichweite und Nutzung der BBC ausweiten?);
• Qualität (ist der Vorschlag qualitativ hochwertig und bietet etwas Neues?);
• Wirkung (wird der Vorschlag zum Wohl der Konsumenten und Bürger – als Individuen und als Gesellschaftsganzes – beitragen?) und
• Kosten/Nutzen (was wird die Umsetzung kosten und welcher Nutzen wird erwartet?).
Je nach Art des neuen Angebots können diese vier Kriterien unterschiedlich gewichtet werden.
Im Public Value Assessment wird zusätzlich geprüft, ob Änderungen des vorgeschlagenen Angebots dessen public value vergrößern könnten. So plante die BBC beispielsweise, über ihren neuen HDTV-Kanal ausschließlich BBC-1-Sendungen auszustrahlen. Die oben erwähnte Umfrage ergab jedoch, dass die Zuschauer das neue Angebot stärker nutzen würden, wenn auch Sendungen anderer BBC-Programme übertragen würden, die besonders von der HD-Qualität profitieren. Derart ermittelte Verbesserungsmöglichkeiten fließen als Empfehlungen oder Bedingungen in die Entscheidung des BBC Trust mit ein.
3.2. Das Market Impact Assessment
Zeitgleich zum Public Value Assessment führt das Ofcom im Auftrag des BBC Trust ein Market Impact Assessment durch. Grundlage dieser Kooperation ist ein Vertrag zwischen BBC und Ofcom, der die Zuständigkeitsbereiche beider Institutionen, den groben Ablauf des Market Impact Assessment sowie den Austausch und die Verwendung von Informationen durch das Ofcom und den BBC Trust regelt. Das Assessment wird von der Joint Steering Group überwacht, die sich aus je drei Vertretern von Ofcom und BBC Trust zusammensetzt. Das Market Impact Assessment untersucht die positiven und negativen Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen auf die betroffenen Märkte, beispielsweise auf die Angebote kommerzieller Rundfunksender oder die Umsatzerwartungen von Geräteherstellern oder Plattformbetreibern. Welche Märkte in das Testverfahren einbezogen werden, wird für jedes Assessment gesondert entschieden.
Das Ofcom legt seiner Beurteilung in der Regel einen Zeitraum von fünf Jahren zugrunde. Es prüft die Auswirkungen auf bereits bestehende, aber auch auf geplante Angebote und prognostiziert die Reaktionen der Marktteilnehmer auf ein verändertes BBC-Angebot. Um die von der BBC bereitgestellten Informationen zu ergänzen, fordert das Ofcom alle interessierten Organisationen und Unternehmen zu Stellungnahmen auf. Als Leitfaden veröffentlicht das Ofcom dazu Fragen zu den geplanten Angeboten und den bereits spürbaren oder noch erwarteten Auswirkungen des BBC-Vorschlags. Solche Fragen lauten beispielsweise: „Bitte beschreiben Sie Ihre geplanten Produkte und Dienste, die von dem geplanten HD-Kanal der BBC direkt betroffen wären, in welchem Entwicklungsstadium sich Ihre Angebote befinden und welches die wichtigsten Elemente Ihres Business-Modells sind.“
Gleichzeitig wird um Vorschläge gebeten, wie sich eventuelle negative Auswirkungen des geplanten BBC-Angebots vermeiden oder minimieren ließen. Die Fragen werden dabei ausdrücklich als Hilfestellungen bezeichnet, zusätzliche Informationen und Stellungnahmen sind jederzeit willkommen. Die Unternehmen sind gehalten, ihre Antworten unter anderem anhand von Marktforschungsergebnissen, Geschäftsplänen und Kalkulationen zu begründen. Neben den Reaktionen auf die öffentliche Ausschreibung können auch Einzelinterviews und gezielt in Auftrag gegebene Konsumentenforschungen als Quellen für das Market Impact Assessment dienen.
Im HDTV-Verfahren gab das Ofcom beispielsweise eine Umfrage unter Fernsehzuschauern in Auftrag, die bereits HDTV-Angebote nutzen können. In einer Untersuchung des Zuschauerverhaltens mit 400 Befragten wurden die möglichen Auswirkungen des geplanten BBC-Angebots auf die Sehgewohnheiten der Zuschauer und auf die Nutzung anderer Unterhaltungsangebote und -technologien ermittelt.
Ofcom und BBC Trust tauschen die Ergebnisse ihrer Untersuchungen laufend aus, um sicherzustellen, dass sich diese sinnvoll ergänzen und nicht unnötig überschneiden. Als Ergebnis des Market Impact Assessment formuliert das Ofcom eine Einschätzung der Auswirkungen, die das geplante BBC-Angebot voraussichtlich auf den Markt haben wird, macht gegebenenfalls Änderungsvorschläge und gibt Empfehlungen, worauf der BBC Trust bei der Umsetzung des Vorschlags besonders achten sollte.
3.3. Die öffentliche Debatte
Nach der Veröffentlichung der Abschlussberichte zu Public Value Assessment und Market Impact Assessment stellt der BBC Trust seine vorläufigen Testergebnisse im Regelfall über einen Zeitraum von 28 Tagen öffentlich zur Diskussion. Im Internet, per E-Mail oder per Post kann jeder in Großbritannien zu der vorläufigen Entscheidung des BBC Trust Stellung nehmen. Dazu kann man wahlweise ein kurzes Votum für oder gegen den Vorschlag der BBC abgeben oder eine Reihe von Fragen zu den Einzelaspekten der vorläufigen Entscheidung des Trust beantworten. Im HDTV-Verfahren wurde zum Beispiel gefragt, ob die BBC, statt in die Entwicklung von HDTV zu investieren, die Rundfunkgebühren nicht für andere Zwecke verwenden sollte oder welche Inhalte bevorzugt in HD-Qualität ausgestrahlt werden sollten. Die Ausschreibung der Debatte erfolgt online. Der BBC Trust nutzt aber alle verfügbaren Mittel und Wege, um die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen. Bevor der BBC Trust seine endgültige Entscheidung trifft, beurteilt er die Ergebnisse dieser Debatte.
3.4. Der Abschluss des Public-Value-Test-Verfahrens
Die Veröffentlichung der endgültigen und verbindlichen Entscheidung des BBC Trust schließt das Public-Value-Test-Verfahren ab. Das Aufsichtsgremium kann die beantragte Neuerung genehmigen, ablehnen oder in Verbindung mit bestimmten Bedingungen genehmigen. Um den Vorschlag zu befürworten, muss der BBC Trust sichergehen, dass jede mögliche negative Auswirkung auf den Markt durch den zu erwartenden public value gerechtfertigt wird.
Der BBC Trust veröffentlicht eine ausführliche Begründung zu seiner Entscheidung, einen Bericht über alle Änderungen der geplanten Maßnahmen, die im Lauf des Testverfahrens diskutiert wurden, sowie eine Analyse der Stellungnahmen, die er im Zuge der öffentlichen Debatte erhalten hat.
3.5. Der Public Value Test in der Praxis – Erfahrungen des BBC Trust
Seit der Einführung des Public Value Tests hat der BBC Trust ein Prüfverfahren zum Thema „i-player – On-demand-Angebote der BBC über das Internet“ sowie eines zum HDTV-Kanal der BBC abgeschlossen; ein weiteres Verfahren („Gaelic Digital Service“) befindet sich in der Abschlussphase. Bei der Durchführung dieser drei Tests wurde auch die zugrunde liegende Methode überarbeitet und den Anforderungen der praktischen Umsetzung angeglichen.
Die beiden größten Herausforderungen des Testverfahrens sehen die Mitglieder des BBC Trust zum einen darin, Glaubwürdigkeit zu vermitteln und das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewinnen. Hierfür sei die Zusammenarbeit mit dem Ofcom als Vertreter der kommerziellen Rundfunkanbieter sehr hilfreich, weil dadurch der Verdacht abgewendet werde, der BBC Trust bevorzuge die BBC.
Zum anderen sei die Beteiligung der Öffentlichkeit und von Unternehmen an den öffentlichen Debatten unerwartet hoch gewesen. Im ersten als Probelauf durchgeführten Verfahren zum i-player erhielt der Trust über 10 000 Stellungnahmen. Im kürzlich abgeschlossenen HDTV-Verfahren sind etwa 1000 Reaktionen eingegangen. Bei dem großen Interesse der Bevölkerung sei es besonders wichtig, alle relevanten Informationen zu veröffentlichen und genügend Zeit für die Debatte anzusetzen. Dies habe man beim ersten Public-Value-Test-Verfahren unterschätzt, so dass nachträglich weitere Informationen veröffentlicht und die öffentliche Debatte verlängert werden mussten.
Den Zeitraum von sechs Monaten für einen Public Value Test bezeichnet der BBC Trust als einen gelungenen Kompromiss. Einige Unternehmen beklagten, nicht genügend Zeit zur gründlichen Prüfung und zum Sammeln der nötigen Informationen zu haben. Von der BBC kam der Vorwurf, das Verfahren sei zu schwerfällig und wirke hemmend auf Innovationen. Aus Sicht des BBC Trust ermögliche der Public Value Test jedoch eine schnellere und fundiertere Prüfung neuer BBC-Angebote als bisher.
4. Der Drei-Stufen-Test des ZDF
ARD und ZDF entwickeln derzeit nach den Vorgaben der EU-Kommission ein dreistufiges Testverfahren zur Prüfung ihrer neuen beziehungsweise veränderten digitalen Medienangebote. Wie die ARD am 28. November mitteilte, haben sich die Intendanten und Gremienvorsitzenden der Landesrundfunkanstalten bei der Hauptversammlung in Bremen auf ein gemeinsames Verfahren verständigt. Zuvor hatte der Südwestrundfunk (SWR) ein solches Testverfahren im Zusammenhang mit der geplanten Einführung der ARD-Mediathek erprobt.
Der ZDF-Fernsehrat hat in seiner Sitzung am 7. Dezember abschließend über das von der Verwaltung des Senders entwickelte Verfahren beraten (ein Ergebnis stand bis FK-Redaktionsschluss noch nicht fest), bevor es zunächst für eine Probezeit eingeführt werden soll. Nach den aktuellen Plänen soll der Drei-Stufen-Test von der Intendanz und dem Fernsehrat des ZDF durchgeführt werden. Das erklärte Gregor Wichert, im Justiziariat des Senders unter anderem für Rundfunkverfassungsrecht zuständig, auf Nachfrage.
4.1. Wann wird ein Drei-Stufen-Test durchgeführt?
Als Kernproblem bezeichnet Wichert die Frage, wann ein neues oder verändertes Angebot vorliegt und somit ein Test durchgeführt werden muss. Diese Entscheidung soll anhand von Programm- beziehungsweise Angebotskonzepten getroffen werden, die die bestehenden und geplanten Angebote detailliert beschreiben. Neue digitale Fernsehangebote seien leicht zu identifizieren: Derzeit strahle das ZDF drei Digitalkanäle aus; jeder weitere Kanal wäre eine Neuerung und unterläge dem Drei-Stufen-Test. Bei Online-Diensten sei die Definition schwieriger, da sie als eine Einheit wahrgenommen würden, so Wichert weiter. Das ZDF will deshalb eine Einteilung der Online-Angebote in „Portale“ vornehmen. Ein solches Portal versteht das ZDF dabei als einen Internet-Auftritt zu einer Sendung wie beispielsweise heute.de. Ein neues Angebot im Online-Bereich liegt demnach immer dann vor, wenn ein neues Portal eingeführt wird.
Für die Entscheidung, wann für die Veränderung eines bestehenden Angebots ein Drei-Stufen-Test erforderlich ist, hat das ZDF fünf positive und sieben negative Kriterien entwickelt. Ein Test soll angesetzt werden, wenn sich die grundlegende inhaltliche Ausrichtung ändert, wenn durch inhaltliche Änderungen eine neue Zielgruppe angesprochen werden soll und wenn sich der Anteil der einzelnen Programmbestandteile (zum Beispiel „Information“, „Unterhaltung“) am Gesamtprogramm ändert. Auch eine Veränderung bei der Verbreitung muss durch einen Drei-Stufen-Test geprüft werden, allerdings nur dann, wenn es sich dabei nicht nur um eine zusätzliche Übertragung eines bereits bestehenden Angebots etwa auch über das Internet handelt. Ebenso unterliegt eine wesentliche Änderung der Kosten dem neuen Prüfverfahren, wenn sie mit inhaltlichen Änderungen verbunden ist.
Nicht zum Einsatz kommen wird der Drei-Stufen-Test bei Änderungen einzelner Sendungen oder Formate, bei der Neugestaltung von Design, technischen Weiterentwicklungen und bei Entwicklungen aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen. Auch Anpassungen von Online-Angeboten an Veränderungen im Fernsehprogramm und zeitlich beschränkte Angebote beziehungsweise Testbetriebe sollen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Prüfverfahrens fallen.
4.2. Der Ablauf des Testverfahrens
Der Ablauf des Drei-Stufen-Tests ist derzeit wie folgt geplant: Erfordert die Einführung oder Veränderung eines Angebots nach den oben genannten Kriterien eine Prüfung durch das neue Testverfahren, verständigt der Intendant den ZDF-Fernsehrat und verfasst ein Angebotskonzept, das auch auf der Homepage des ZDF veröffentlicht werden soll. Innerhalb von zehn Werktagen können daraufhin interessierte Dritte ihre Meinung äußern, wie sich das vorgeschlagene Angebot auf den Markt auswirken würde. Diese Stellungnahmen sollen per E-Mail an den Vorsitzenden des Fernsehrats übermittelt werden. Wichert zufolge wird es aber weder eine ausdrückliche Aufforderung zur Stellungnahme noch einen Fragenkatalog als Leitfaden geben. Es gehe nicht darum, zahlreiche Einzelmeinungen von Gebührenzahlern zu sammeln, sondern man wolle gemäß den EU-Vorgaben betroffenen Dritten die Gelegenheit geben, sich zu dem Vorschlag zu äußern. Durch Pressemitteilungen will das ZDF auf die Veröffentlichung neuer Angebotskonzepte aufmerksam machen.
In der zweiten Stufe des dreistufigen Testverfahrens erhalten die Mitglieder des Fernsehrats eine Vorlage, bei der auch die eingegangenen Stellungnahmen „in geeigneter Weise“ berücksichtigt werden, so Wichert. Auf der Basis dieser Vorlage berät und entscheidet der Fernsehrat über den Vorschlag. In der dritten Stufe soll die Entscheidung des Fernsehrats der Rechtsaufsicht, in diesem Fall also der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, übermittelt werden. Sie soll prüfen, ob das Testverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde und ob das vorgeschlagene Angebot unter den öffentlichen Auftrag des ZDF fällt. Abschließend sollen die Ergebnisse des Drei-Stufen-Tests via Amtsblatt veröffentlicht werden.
Wie viel Zeit beim ZDF ein Prüfverfahren nach dem Muster des Drei-Stufen-Tests insgesamt in Anspruch nehmen soll, steht noch nicht fest. Eigens für das Testverfahren in Auftrag gegebene Marktuntersuchungen oder Umfragen seien nicht grundsätzlich geplant, aber durchaus denkbar, sagt Gregor Wichert.
5. Beurteilung
Vergleicht man die Pläne des ZDF mit dem Verfahren des Public Value Tests in Großbritannien, so wird schnell deutlich, dass das dreistufige Verfahren beim ZDF wesentlich weniger aufwendig und umfangreich angelegt ist als das bei der BBC. So ist etwa die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Debatte um neue Medienangebote im Entwurf des ZDF auf ein Minimum beschränkt. Ob der Drei-Stufen-Test des ZDF in der Form, wie er jetzt geplant ist, den Vorgaben der EU-Kommission überhaupt Rechnung trägt, wird davon abhängen, wie präzise die Angebotskonzepte der Intendanz den jeweiligen Vorschlag beschreiben und inwiefern der Fernsehrat und die Rechtsaufsicht marktrelevante Hintergrundinformationen in ihre Entscheidungen einbeziehen.
Nach den Erfahrungen mit dem Public Value Test in Großbritannien zu urteilen, wird das ZDF mit seinem derzeitigen Entwurf dem Maßstab, der dort gesetzt ist, aber nicht gerecht. Dazu dürfte es dem geplanten Prüfverfahren nach dem derzeitigen Stand der Dinge an der Einbindung ZDF-unabhängiger Interessenvertreter in den Entscheidungsprozess und an objektiv überprüfbaren Ergebnissen mangeln. Als erster Vorschlag ist der Entwurf des ZDF jedoch in jedem Fall geeignet, die Diskussion zu beginnen. Dies zwingt die Wettbewerber, ebenfalls Vorschläge vorzulegen.
7.12.07/“Funkkorrespondenz“
1 Europäische Kommission: Staatliche Beihilfe E 3/2005 (ex- CP 2/2003, CP 232/2002, CP 43/2003, CP 243/2004 und CP 195/2004) – Deutschland. Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland. Brüssel, 24. April 2007, Randnummer 328. Im folgenden verweisen die in Klammern angegebenen Zahlen auf die jeweiligen Randnummern dieses Berichts (vgl. auch Dokumentation in FK 27/07).